Ganz schön 3ST


Die Triumph ST ist so etwas wie die versehrte Schwester der RS – sie hat nämlich nur einen Arm. Einen Schwingen-Arm. Und genau der zeichnet sie aus. Die restlichen Unterschiede sind eher kosmetischer Natur und umbautechnisch irrelevant. Ob du ein kleines oder ein großes hässliches Cockpit abbaust oder eine unförmige Halb- oder Vollverkleidung abtrittst spielt keine Rolle. Wir hatten jedoch einen immensen Ideen-Überschuss am Ende der ersten Sprint im Blut, so dass wir unausweichlich ein zweites Mal das Feld beackern wollten.


Resultat als Slide-Video:




Während die RS lang und luftig geraten ist, sollte diese ST kompakt und konzentriert werden. Satt langer Schwinge besagter Einarmer, umgerüstet von 180 auf 200mm Gummi und statt allumfassender bunter Lackpracht, haufenweise blankes Metall. Doppelscheinwerfer statt Maske und natürlich ein komplett neues Bodywork. Nicht nur anders im Vergleich zur RS, sondern generell anders. Die Idee eines komplett sichtbaren Heckrahmens, welcher vom Höcker eingefasst wird, spukt uns schon seit ewigen Zeiten im Kopf herum. Es war an der Zeit, die Sache umzusetzen.

Das komplexe Rektal-Konstrukt erforderte nicht nur exponentiell mehr Bauzeit als normale „Höcker-auf-Unterbau“ Lösungen, sondern schloss auch jedweden Ansatz an den Gedanken des Einsatzes von Kaufteilen kategorisch aus. Mehr als ein paar Rohre, einige Quadratmeter Glasfasermatte und ein paar Liter Kunstharz mussten langen. Ein Aufriss ohne seinesgleichen. Insgesamt hat uns das Heckteil fast ein halbes Jahr lang auf trapp gehalten. Nicht zuletzt, weil wir uns das Leben immer wieder selber schwer gemacht haben. Z.B. mit der fixen Idee, die hinteren Höckerflanken aus frei stehenden Alu-Paneelen zu bauen, um das Metall-Thema aufzunehmen. Dazu musste die Triumph komplett zerlegt und sämtliche Alu-Teile (incl. Rädern, Rahmen und Schwinge) aufwändig und schonend entlackt werden. Wir wollten nämlich nicht einfach alles stumpf abschleifen und dann bis zur Sterilität polieren, sondern die gegebenen Erb-Strukturen erhalten, bzw. intensivieren. Und so findet sich so ziemlich alles von Guss-Epidermis, über gestrahlte Flächen bis zu polierten Nuancen am Krad. Alles fein ausgewogen, für ein harmonisches Gesamtbild.

Aufbau-Schnelldurchlauf im Slide-Video:




In Sachen Elektrik sind wir gewohnte Pfade gewandert: alles raus, was keine Miete zahlt! Einzug gehalten hat eine komplett verlötete Minimal-Elektrik mitsamt bedarfsgerecht angefertigter Taster-Steuerung aus dem hauseigenen Programm. Instrumentalisiert ist die ST wohltuend spartanisch. Ein elektronischer 48mm-Tacho mit integriertem Display sowie ein aus dem Vollen gearbeiteter LED-Cluster informieren den Piloten ohne ihn abzulenken. Eine seitlich installierte Tankuhr unterrichtet im Bedarfsfall, z.B. an der roten Ampel über den Füllstand des Oktan-Nektars.

Denn bei all den optischen Reizen, steht nach wie vor das Fahren im Zentrum des Karmas. Auch in der Hinsicht haben wir mächtig nachgeholfen. Neben einer umfassenden Gewichts-Reduzierung und dem Umbau auf zeitgemäßes Radwerk, trägt vor allem die USD-Gabel ihren Teil zum Sportler-Ball bei. Geringeres Offset, wesentlich stabiler als die Serien-Spaghettis und knackig abgestimmt, erhöht sie zusammen mit dem Superbike Lenkerumbau Präzision und Stabilität des einstigen Tourer-Pummelchens und macht aus ihm einen ernsthaften Landstraßen-Bügler.

Details im Slide-Video:




Um die thermische Gesundheit während des amtlichen Angasens kümmert sich eine komplett neue Kühler-Phalanx, bestehend aus HP-Billet-Wasserradiator sowie einem Racimex-Kollegen für den Schmierstoff-Kreislauf. Ein polierter Edelstahl-Krümmer mitsamt Mid-up Leo Miniflöte (natürlich mit E-Zulassung) verkündet akustisch vom jeweils abgerufenen Fahrspaß-Level und singt das erbauliche Lied der eiligen Dreikolbenschaft.

Das anglophile 3er-Thema haben wir auch in optischer Hinsicht zum Leitfaden erkoren. Sämtliche Lack-Applikationen stilisieren die Ziffer 3. Und auch in den Alu-Teilen findet sich die Botschaft wieder, z.B. in Form aufwändig eingestrahlter Elemente im Heck oder der Cockpit-Platte. Das motorische Kern-Konzept darf man ruhig inflationär abfeiern. Denn es beschert der Tausender gerade im unteren und mittleren Bereich einen deutlichen Bums-Vorteil gegenüber gleichgroßen Vierzylinder-Drehorgeln. Vom Sound ganz zu schweigen. Der Motor zieht an wie ein Ochse auf Steroiden und schiebt durch das gesamte Drehzahlband. Kein Wunder, ist er doch ein direkter Verwandter der Speed-Triple-Reaktoren.

Vorher-Nacher als Slide-Video:




Wir sind hochgradig zufrieden mit dem Resultat – und die Dekra war es auch. Bei einem ganztätigen Vorstellungsgespräch wurde der komplette Umbau ausführlich begutachtet, gefahren und anschließend komplett in die Papiere gehämmert, so dass der Fahrspaß auch im Angesicht von Kellen und Disco-Bussen am Straßenrand nicht abrupt endet. Was für eine 3ST-igkeit!



TECHNISCHE DATEN


Marke/Modell: Triumph Sprint ST 955i
Wasserkühler: Alu, poliert
Kühlflüssigkeitsbehälter: Alu, Maßanfertigung, an Radiator angeflanscht
Ölkühler: Racimex poliert
Krümmer/Auspuff: polierter Edelstahl-Krümmer mit Leo-Endpot, Mid-up
Rahmen: entlackt, satiniert
Heckrahmen: Maßanfertigung aus poliertem Edelstahl
Gabel: USD-Gabel, entlackt und teilpoliert
Gabelbrücken: poliert
Lenker/Riser: LSL-Superbike-Lenker auf Alu-Risern
Hebel: CNC, einstellbar mit Zulassung
Griffe: Triumph
Spiegel: Rizoma
Räder:
vorn: 120/70ZR17 auf 3,5 Zoll
hinten: 200/55ZR17 auf 6,0 Zoll
Bremsflüssigkeitsbehälter v/h: Brembo
Bremsleitungen: Stahlflex, schwarz
Fußrastenanlage: Alu poliert
Tank: modifiziert
Höcker: Maßanfertigung, mehrteilig, eingelassenes Rücklicht, Alu-Seiten-Paneele, maßgefertigtes zweiteiliges Sitzpolster
Kotflügel: Maßanfertigung
Armaturen/Schalter: Taster-Armaturen
E-Box: Maßanfertigung, verlötete Minimal-Elektrik, LiFeo4-Akku neuester Generation
Instrumente/Anzeigen: elektronischer 48mm Tacho mit Kontroll-Leuchten-Cluster
Scheinwerfer: 2xLED + 1xTFL/Position
Sonstiges: Alu-Kettenschutz mit Boomerang-Halter, digitale Tankanzeige, alle Umbauten sind eingetragen (2-3-seitiger Fahrzeugschein), sämtliche Halter, Streben und Träger aus VA oder Alu, Bauzeit Sommer 2020 bis Februar 2021