Drehstuhl und Schonbezüge


Drehstuhl ist entgegen weitläufiger Annahme nicht das Resultat von Schließmuskel-Schwäche während einer unten-ohne Karussell-Fahrt. Nachdem das geklärt wäre, bauen wir nun einen weniger pseudo-fäkalösen Drehstock und erweitern mit eben diesem das Spektrum der möglichen Beklemmungs-Zustände unserer Werkbänke. Deren stationäre Greifer bieten bisher lediglich die Möglichkeit, Werkstücke in zwei Dimensionen (längs und hochkant) einzuspannen. Diese Einschränkung wollen wir beheben und den Geräten die dritte Dimension eröffnen.


Er hier soll die Sache lösen



Aus Alu haben wir eine passende Bodenplatte in den Umrissen des Gesellen geschnitten



Von einer wild herum-oxydierenden M10-Gewindestange wurden vier kurze Stücke abgesäbelt und ihnen anschließend amtliche Scheiben auf die Rübe gebraten. So sind sehr flache und dennoch extrem stabile Schrauben-Köpfe entstanden, welche maximale Auflagefläche mit minimalem Höhen-Bedarf vereinen



Hinzu gesellen sich vier flotte Alu-Flöten…



… die für den notwendigen Durchmesser-Ausgleich sorgen, so dass wir eine nette formschlüssige Führung erhalten



Wir haben uns eine kleine Buchse als Anzeichen-Hilfe für die zu bohrenden Löcher in der Platte gedreht



Welch Glückes Geschick! In den unergründlichen Tiefen einer dubiosen Grabbelkiste haben wir dieses Teil gefunden: das Fragment einer ausgemusterten Faxen-Bar. Das Ding ist genau das, was wir brauchen und schont somit unseren Rohmaterial-Bestand



Der neue Trend aus Juu-Äss-Eyyy: Upside-Down-Gewinde-Reinschneiding



Das recycelte Alt-Teil drehen wir in das frisch entstandene Gewinde. Die radialen Bohrungen erleichtern das Anballern des Rundlings



Jetzt kommt der Schraubstock auf die fertige Grundplatte. Messingmuttern sorgen für bestmögliche elektrische Leitfähigkeit, wichtig z.B. für Schweiß-Einsätze. Das gesamte Teil besteht zu 100% aus Metall und leitet Strom vom Sockel bis in die Prismenspitzen



Die fertige Vorrichtung lässt sich mittels ihres Stumpfes in den stationären Schraubstöcken frei ausrichten und in der jeweils gewünschten Position fixieren. Prismen-Backen erleichtern die Sache



So lassen sich Bauteile selbst in exotischen Winkeln einspannen und ohne Yoga-Kurs bearbeiten



Das Ganze funktioniert natürlich auch auf horizontaler Ebene…



… und ist weit mehr als eine nette Spielerei. Der Hoschie verfügt über einen Spannbereich von 80 Millimetern und da das Teil durchgehend Strom leitet und der große Schraubstock fest mit der Masse-Seite des Schweißgerätes verbunden ist, bietet er eine sehr flexible Brat-Hilfe



Und auch mit dem Werkstückhalter der Ständer-Bohrmaschine lässt sich die Vorrichtung kombinieren, so dass sich fortan eminente vertikale Einspanntiefen für Groß-Brocken ergeben und sogar Einspritz-Rails hochkant gebohrt werden können. Ein Schraubstock für einen Schraubstock klingt vielleicht erst einmal überkandidelt – macht tatsächlich jedoch hochgradig Sinn



Wenn wir gerade dabei sind, schieben wir noch ein weiteres Upgrade hinterher. Schonbacken aus purem Gold. Wer (wie wir) zu arm für Gold ist, nimmt ersatzweise Kupfer. Aus einer 70mm mal 10mm dicken Stange haben wir Zuschnitte in der Breite des Klemmbereichs gewonnen und diese dann L-förmig verschraubt und zusätzlich verlötet, so dass zwei Winkelstücke entstanden sind. Klar, man kann auch direkt Winkel-Material nehmen – aber die Flach-Stange lag halt gerade herum. Gleichzeitig haben wir das Kupfer weichgeglüht, um eine möglichst softe Oberflächenwirkung zu erhalten. Die Backen besitzen zudem eine wesentlich üppigere Auflagefläche als der Schraubstock selber, was für exzessive Anpressflächen und Haltekräfte sorgt und die Werkstücke zusätzlich schont



Eigentlich wäre der untere Teil der Schoner für sich genommen unbrauchbar, weil er bei Einspannungen in der Tiefe wegklappen würde. Das haben wir mittels angeschraubter Schienen kompensiert. So entsteht gleichzeitig ein Führungs-Schlitten, der die Aufsätze akkurat in Position hält. Eingelassene Magnete unterstützen die Angelegenheit



Mit der Feile in Handarbeit eingebrachte seitensymmetrische Führungen



Diese sind so dimensioniert, dass sie M6 und aufwärts sicher fixieren. Etwas weiter oben befinden sich kleinere Prismen für alles unterhalb von M6



Wir haben drei vertikale und zwei horizontale Führungen gegraben, was für die meisten Eventualitäten ausreicht



Zusammengedrückt ergibt das Duo nebenbei eine schöne ebene Schweißunterlage, die ihre Karten ausspielt, wenn es z.B. darum geht Löcher zu verschließen, ohne unerwünschte Verbindung mit dem Untergrund aufzunehmen. Die weiter oben gezeigten M10-Schrauben (mit den Scheibenköpfen für unseren Hilfs-Schraubstock) haben wir bereits auf diese Weise hergestellt. Das dicke Material können wir im Bedarfsfall jederzeit abziehen und die Oberflächen regenerieren. Die Lebenszeit der Backen ist somit kaum begrenzt



Insbesondere für Gewinde sind die Backen reinster Balsam. Das weiche Material gibt bereitwillig nach und greift selbst feine Gänge nicht an. Auch nicht bei hohen Klemmkräften. Die Führungsschienen stabilisieren den vergrößerten Klemmbereich, der etwa die dreifache Fläche der Schraubstock-Backen bietet



So soll es sein. Die Schraube hat Abdrücke in den Backen hinterlassen – und nicht umgekehrt. Unser selbstgebauter beidseitiger Stehbolzen erfreut sich bester Gesundheit. Gewinde einspannen ist immer extrem heikel. Mit den Kupfer-Backen nicht mehr



Und wer Bock hat, kann jetzt Karussell fahren gehen. Meinetwegen auch mit `ner Tüte Pflaumen im Anschlag und unten ohne