Die Edward Bowden Affaire

Egal ob beim Wechsel von Stummel auf Segelstange, dem Umbau auf andere Vergaser oder Einspritzung: Verändern sich die örtlichen Gegebenheiten oder Arbeitswege, muss man Hand an die öffentlichen Verkehrsmittel legen. Und da fast jeder Eingriff individueller Natur ist, gebricht es dem Markt an kauffähiger Fertignahrung. Also Hose runter und die Hände vorgewärmt - wir machen es uns mal wieder selber.

Das Anfertigen von Bowdenzügen ist weit weniger kompliziert und aufwändig, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Verglichen mit OEM-Zügen ist der Selbstbau zudem deutlich günstiger und die Resultate bei richtiger Fertigung sogar robuster und haltbarer als Instant-Pipelines. Zudem kann man sowohl Wegstrecke als auch Länge frei bestimmen, die Endbestückung maßschneidern und ist an keine Vorgaben gebunden. Den Rohstoff gibt's quasi überall. Jeder Discounter hat diverse Grundmaterialien im Regal. Das Basiszeugs ist von ganz lose bis hin zu vorkonfektionierten Sätzen verfügbar, die nur noch auf Länge gebracht werden müssen. Was ihr euch ins Körbchen packt ist alleine euch überlassen und in erster Linie Geschmackssache - tauglich sind grundsätzlich alle Sets gleichermaßen. Achtet bei der Auswahl aber darauf, für den jeweiligen Einsatzzweck gedachtes Material zu erhaschen. Einen dünnen Gaszug für die Kupplung einzuspannen ist genauso wenig sinnvoll wie umgekehrt. Und natürlich muss die äußere Hülle zum jeweiligen Zwirn passen




Außenhüllen wachsen als Meterware für kleines Bares im Regal. Anatomisch ist das alles ein und dieselbe Soße, der Durchmesser muss halt stimmen




Die Züge unterscheiden sich nicht nur durch ihren Durchmesser, sondern auch durch ihre Bestückung. Während ein Ende immer blank ist, sitzt auf dem anderen ab Werk bereits ein Nippel. Welcher der richtige ist, hängt vom Verwendungszweck ab. Gaszüge haben typischerweise quer angelötete kleine Tonnen für die Aufnahme in der Armatur




Kupplungszüge sind wesentlich dicker und meist mit einem zweistufigen Nippel oder einem dicken Quer-Hoschie ausgerüstet. Orientiert euch einfach am euch vorliegenden Original




Die benötigte Länge der späteren Einheit lässt sich am besten mit der Außenhülle ermitteln. Denkt dabei daran, dass sich Länge und Verlegung bei Lenkbewegungen verändern, also schlagt auf jeden Fall in beide Richtungen ein und checkt Umfeld und Freigängigkeit. Enge Radien finden Züge übrigens total doof. Beschneiden lässt sich die Außenhülle sehr gut mit einem Dremel. Masseltoff!




Weitaus mimosiger zeigt sich der innere Kollege. Mit Seitenschneider, Trennschleifer oder gar Handsäge lässt sich keine saubere Schnittkante erzeugen. Für etwas über 15 Kracher gibt es ausgewiesene Bowdenzug-Schneider, welche verletzungsfreie und saubere Cuts ermöglichen. Die Kohle zu investieren lohnt sich, die Teile sind quasi alternativlos




Fürs andere Ufer: Um das freie Ende des Zugs zu bestücken, eignen sich solche Schraubnippel sehr gut. Insbesondere zur Findung der richtigen Länge. Da sie schraubbar sind, kann man verschiedene Positionen durch sanftes Beidrehen testen, bis man die ideale gefunden hat. Mit reinen Lötnippeln geht das so nicht




Man kann im Verlauf der Herstellung aus dem Schraub- einen Lötnippel machen. Denn Löten ist als Endlösung um ein vielfaches sicherer und stabiler als quetschendes Zuwürgen. Verlöten lassen sich die Nippel entweder mittels Kolben oder einem kleinem Brenner. So entsteht nicht nur eine durchgehende feste Verbindung, sondern die Seele wird auch verstärkt und gegen Splicen gesichert. Überstand wird nach dem Erkalten abgefeilt




Bevor der Zug endbestückt wird, macht es Sinn die Hülle mit Schmiermittel zu fluten. Denn nachdem das Innenleben einmal drin ist, kommt ihr da nie wieder so gut ran. Kettenfett hat hier nichts zu suchen, auch kein anderes harzendes Fett. Es gibt sehr gute synthetische Öle, die nicht so schnell wieder abfließen wie WD40 und Co aber auch nicht verharzen




Für unseren Einspritzer-Umbau brauchen wir neue Züge. In der Schrottbox lungert noch eine 0815-Armatur herum, die wir missbrauchen werden. Bei der Planung immer im Hinterkopf behalten, dass die Züge später einstellbar sein müssen. Auf dem Bild räkeln sich zwei typische Justiereinheiten wie sie serienmäßig verbaut sind. Die kann man sehr gut weiter benutzen




Damit muss man sich aber nicht zufrieden geben. Um den Zug nicht zu eng verlegen zu müssen, gibt es z.B. Aufsätze in verschiedenen Bogemaßen (ganz links). Die zwei Hoschies rechts sind Eigenbauten und kommen "fliegend" zwischen die Züge. Über sie wird im Betrieb die Zuglänge exakt definiert und nachjustiert. Das ist in unserem Fall notwendig, weil die Armatur selber keine Einstelloptionen bietet




Die fliegenden Versteller haben wir mit etwas Schrumpfschlauch überzogen, so dass sie optisch weniger ins Gewicht fallen. Ähnliche Teile gibt es auch fertig zu kaufen




Fertige Bestückung an der Einspritzleiste für Öffner- und Schließerzug




Oben kommen die Züge durch die Führungen der Armatur in deren Innerstes und werden dort in die Aufnahmen des Gasgriffs eingehängt




Ist die Installation fertig, arbeiten wir uns von hier aus nach unten vor und bestücken die Züge wie gezeigt mit den passenden Nippeln




Kupplungszüge bauen ist deutlich einfacher. Zum einen gibt es nur einen und zum anderen kommt man besser an die Betätigungsstelle heran. Ist der Zug im Hebel eingehängt, lässt sich die Längenbestimmung unten am Arm sehr einfach vornehmen. Einfach den Zug mit der Hand auf Spannung ziehen und die Stelle markieren. Die genaue Justage erfolgt am Ende wie gehabt über Einstellschrauben




Auch hier nutzen wir wieder einen Schraubnippel, der im finalen Stadium verlötet wird. Noch eben den Überstand absäbeln, glatt rubbeln und fertig ist die Laube. Beim Verlöten mit einem Flussmittel, wie z.B. Lötfett zu arbeiten erleichtert die Nummer enorm




Mit Bowdenzügen kann man auch Betätigungen komplett versetzen oder neue erschaffen. Wer z.B. keinen Bock hat, ständig im Schrittbereich nach dem Choke zu fingern, kann sich die Funktion an den Lenker holen. Universelle Hebel gibt's von einfach bis rustikal - der Bau des Zugs erfolgt nach dem gezeigten Schema. In Verbindung mit einem Klappengehäuse im Auspuff lässt sich so auch eine fernbedienbare Lautstärke-Regelung realisieren - die ist im Straßenverkehr natürlich illegal, verboten und ganz großes Pfui - weswegen wir dies auch nur als abschreckendes Beispiel erwähnen wollen. Eh klar