Wirmachenauf


Schrauben macht deutlich mehr Spaß, wenn das Werkzeug nicht aussieht, als hätte man es King Kong aus den Backenzähnen geangelt. Anders als z.B. bei verbrauchten Ehe-Rochen, muss man dem Drang zur Aussonderung jedoch nicht gleich nachgeben. Restaurieren rettet die zerrüttete Beziehung.



Das hier ist eine arg malträtierte ½“-Ratsche aus Erb-Beständen. Das Ding schwirrt seit Anfang der 90er bei uns herum und wanderte meist von einer Kiste in die nächste ohne jemals ernsthaft im Einsatz gewesen zu sein



Der Hoschie wurde während seiner frühen militanten Phase augenscheinlich mehrfach als Hammer missbraucht und hatte auch ansonsten kein leichtes Leben



Schön ist anders. Der Griff ist hart wie Bakelit – und glänzt auch genauso. Mit Gummi hat das nichts mehr zu tun. Dafür trägt der Schaft ein schwarzes Kondom zur optischen Kaschierung – von was auch immer. Muss man mögen. Oder auch nicht



Der Mechanismus ist simpel, robust und voll intakt



Um ihn aus dem Gehäuse zu bekommen, mussten wir die Nietung am Umschalthebel wegfräsen. Die Kleinteile sind noch vollkommen o.k.. Die Bestandsaufnahme ist damit abgeschlossen und das Gerät als Restaurations-würdig befunden. Kann also losgehen



Mit einer 60er Fächerscheibe ebnen wir im ersten Schritt das Gelände und schleifen sie fiesesten Macken heraus. Um den fossilen Griff kümmern wir uns später





Nach einer 120er-Behandlung sieht die Sache schon recht annehmbar aus. Da die verwendete Körnung immer noch recht grob ist, schleifen wir Kratzer nur soweit herunter, bis sie auf Höhe der Schleifspuren liegen. Die Egalisierung erfolgt mit den nächsten Schritten. Dadurch fällt der Material-Abtrag so gering wie nur möglich aus. Erhalt ist das Gebot der Stunde



Nach erfolgter 240er-Salbung sind sowohl Altlasten als auch die groben Schleifspuren der Vorarbeiten so gut wie verschwunden



Den Rest erledigen wir mit Stoff und Wachs. Fertig polierter Kopf



Von den einstigen Schlag-Marken ist nichts mehr zu sehen



Damit ist das Gehäuse vorbereitet und nach einer noch zu erfolgenden Säuberungsaktion bereit für den Zusammenbau



Was man von seinem Innenleben noch nicht sagen kann. Die Kleinteile kommen mitsamt einer ätzenden Bade-Mischung nach Hausrezept ins beheizte Freibad…



… wo sie eine halbe Stunde lang ausgekocht werden. So werden auch kleinste und tief sitzende Gammel- und Schmodder-Partikel ausgewaschen. Effektiver als Ultraschall



Der Deckel nach der Schwimm-Einlage. Sauber wie OP-Besteck



Nach einer anschließenden Runde in unserer Schwarzbrand-Anlage ist er Korrosions-resistent abgedunkelt. Notiz an mich: fusselfreie Tücher besorgen



Wasserwechsel im Freibad. Die Säure ist raus, Weichspüler eingelassen. Auch ihn machen wir warm und ersaufen den vollkommen ausgehärteten Griff in der wohlriechenden Jauche



Das Gummi nimmt die Tenside dankbar auf und wird wieder weich und geschmeidig. Vor der Bade-Prozedur hätte man mit dem Ding Nägel in die Wand schlagen können



Letzte Baustelle: der Umschalt-Mechanismus. Die zerstörte Vernietung verlangt nach Ersatz



Während das Hebelchen in der Schwarzbrand-Anlage brodelt, bekommt der Mechanismus zentrales M3-Gewinde



Ready for Zusammenbauing



Wer hat in meinem Bettchen geschlafen? Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Und welche Pottsau hat in meine Knarre gereihert?! Kupferpaste hat sich bei uns gegenüber Fett durchgesetzt



Der sanierte Hebel wird mit einer stylischen Torx-Schraube gesichert, flankiert von zwei Kollegen des gleichen Typs



Und auch der Deckel ist mit ebensolchen verschraubt



Und da ist sie: unsere vollrestaurierte Halbzoll-Ratsche. Die polierte Oberfläche ist nicht nur optisches Gimmick, sie lässt sich auch deutlich leichter sauber halten als eine porige Epidermis



Glänzt wie bescheuert, funktioniert wie doof. Unten der Ausgangszustand, darüber das Resultat



Nimmt man gleich mit wesentlich mehr Begeisterung in die Pfoten. Nicht nur wegen des geschmeidig gemachten Griffgummis. Mit der vermackelten Basis (unten) hat der Finalist nichts mehr gemein. Ganz anderer Schnack