Voll auf die 12

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Lenkerenden-Blinker nehmen im Reigen der Abbiege-Anzeiger eine Sonderstellung in Sachen Legalität und Betriebsvorschriften ein. Das liegt nicht etwa daran, dass sie eine eigene Baugruppe wären und mit gesondertem Paragraphenwerk bedacht würden, sondern an einer ganz bestimmte Konstellation.

Nur im Lenker ohne hinten - ja geht denn das, Herr Schutzmann?!



Grundsätzlich gelten für Lenkerenden-Blinker exakt dieselben Anbauvorschriften wie für ihre konservativen Kollegen. Ob neben der Funzel oder am Ende der Brechstange montiert, ist pauschal wumpe. Tricky wird die Sache erst, wenn sie alleine herumfunzeln sollen, also auf zusätzliche Blinker hinten verzichtet wird. In dem Fall gibt es einige Hürden zu nehmen:

Vorgabe Nummer 1:
Das Krad ist nach StVZO zugelassen und nicht nach EG-Recht, ansonsten ist bereits an dieser Stelle Schluss und ihr könnt zurück zu You-Porn surfen. Die Zulassungsform lässt sich den Fahrzeugpapieren entnehmen. Ganz grob und unverbindlich kann man als zeitlichen Anhaltspunkt die späten Neunziger heranziehen. Liegt die EZ danach, ist eine EG-Zulassung höchstwahrscheinlich. Liegt eine StVZO-Zulassung vor, geht’s weiter:

Vorgabe Nummer 2:
Denn das alleine reicht noch nicht aus. Zusätzlich darf das Krad nicht nach 31.12.1986 das erste Mal zugelassen worden sein. Denn nach diesem Datum greift die seinerzeit neu geschaffene und hinzugefügte Passage „1a“ aus §54 StVZO, die da besagt: „Die nach hinten wirkenden Fahrtrichtungsanzeiger dürfen nicht an beweglichen Fahrzeugteilen angebracht werden“. Da die Gabel ein bewegliches Teil dieser Kategorie darstellt, müssen ansonsten zusätzlich hintere Blinker „rahmenfest“, also z.B. neben dem Kennzeichen angebracht werden. Btw: Die Sache mit den „beweglichen Teilen“ gilt übrigens genauso für die Schwinge.
Dass Fahrzeuge vor 1987 ausgenommen sind, liegt an der Bestandschutz-Bestimmung.

Vorgabe Nummer 3:
Die verbauten Blinker müssen für den Betrieb als rückwärtige geprüft und entsprechend ausgewiesen sein. Dazu braucht es gleich mehrere Insignien. Als erstes das klassische E-Zeichen mitsamt Länderkennzahl, z.B. „E14“. Desweiteren muss die Verwendung am Krad explizit ausgewiesen sein. Dazu muss „50R“ auf dem Blinker prangen. Die Nutzbarkeit für vorne und hinten zeigen die Zahlen „11“ (vorne) und „12“ (hinten) an. Sie müssen also unbedingt beide vorhanden sein. Nur sehr wenige Lenkerenden-Blinker erfüllen diese Vorgaben. So z.B. die originalen Hella Ochsenaugen (Nachbauten zu 99% nicht), die nicht mehr am Markt gehandelten „Tiger-Eyes“ sowie die ebenfalls nicht mehr hergestellten „Arrow“ und „Bullet“ Blinker. Moderne Leuchtspurer von Kellermänner etc. mit rückwärtiger Zulassung gibt es hingegen keine – und auch sonst ist die Zahl der uns bekannten aktuellen Teile mit doppelter Segnung ziemlich exakt Null. Klarheit bringt im Zweifel ein Blick aufs Prüfzeichen.

Kein Prüfzeichen, kein Glück


Front use only. Es fehlt die 12



Die Tatsache, dass praktisch alle Lenkerenden-Blinker auch einen rückwärtigen Lichtaustritt aufweisen, ist übrigens kein Indiz für eine entsprechende Zulassung. Man kann diese entsprechend zwar nicht als Blinkleuchten nutzen, sich aber zumindest die gelben Kontrollleuchten ersparen, denn man kann die nach hinten wirkenden Austritte als solche deklarieren.

Treibt jeden Kellenschwinger in den Wahnsinn. Wellenförmiges Prüfzeiten der Altvorderen - nach wie vor legal


Moderne Ochsenaugen-Nachbauten sind's weniger. Sie sind meist nur für vorne geprüft - die "12" fehlt



Legal ist die Lenker-solo-Nummer nur, wenn alle drei Vorgabe-Punkte gleichzeitig erfüllt sind. Zwei von drei reichen nicht. Sind alle Parameter im Sack, gibt es übrigens keinen ersichtlichen Grund, warum man Lenkerenden-Blinker eintragen lassen müsste – dies wird fälschlicherweise gerne von den bemützten Wegelagerern eingefordert. Sind die Blinker für Einsatzzweck und Anbauposition geprüft und zugelassen und die gesetzlichen Vorgaben in Sachen Anbau, Abstände und Sichtbarkeit erfüllt, reicht das aus. Sie müssen also genauso wenig abgenommen werden, wie jeder andere Zubehörblinker auch. Wie eingangs schon erwähnt, stellen Lenkerenden-Blinker keine gesonderte Baugruppe mit eigenem Regelwerk da. Wir raten dennoch dazu, sie eintragen zu lassen – der Einfachheit halber.

Kevin allein am Lenker


Er darf das, denn neben Exx, 50R und der 11 prangt auch die 12 auf dem Glas



Was jedoch absolut nicht funktioniert und auch nichts nützt ist, alleinige Lenkerenden-Blinker von einem Windigen Hallodri eintragen zu lassen wenn der Vorgaben-Katalog nicht erfüllt ist, das Krad also z.B. zu neu oder die Blinker nicht für hinten zugelassen sind. Eintragungen setzen geltendes Recht nicht außer Kraft. Im schlimmsten Fall kann das sogar fies nach hinten losgehen, denn eine gegen Bestimmungen verstoßende Eintragung weckt schnell mal das Misstrauen von versierter bemützten Beamten und kann diese fix mal auf die Idee bringen die Kiste sicherzustellen - wegen des durchaus begründeten Verdachts auf schändlichen Schmu.

Relikte. Tiger-Eye Blinker


Zugelassen auch für hinten. Die 12 macht's möglich



Wir fassen zusammen: ohne hintere Blinker geht nur, wenn die Moped-EZ nicht nach 1986 liegt, die Laterne das Prüfzeichen „Exx 50R 11, 12“ enthält und die Anbauvorschriften eingehalten wurden. Alles andere ist unzulässig.

Beispiele für die Legalität von Lenkerenden-Blinker ohne zusätzliche hinten:
Bol D’Or + Hella/Tiger-Eye =
Bol D’Or + Kellermann = ✖ (Blinker nicht für hinten zugelassen)
Fireblade + Hella/Tiger-Eye = ✖ (Moped zu jung)
Fireblade + Kellermann = ✖ (Moped zu jung und Blinker nicht für hinten zugelassen)




Disclaimer: Dieser Artikel stellt keinerlei Rechtsberatung oder juristische Auskünfte da (so etwas können und wollen wir gar nicht leisten), sondern ist lediglich Widerspielung selbt gemachter Erfahrungen in Glossenform. Für rechtsverbindliche Informationen konsultiert ggf. Fachanwälte oder juristische Auskunftstellen.