Senso(r)
Der wichtigste Zustandsfaktor eines Triebwerks ist seine Reaktorkern-Temperatur. Sie erzeugt den größten Kompensationsbedarf, z.B. beim Kaltstart und unterliegt den größten Schwankungen. Messen lässt sich die Motor-Temperatur unserer rein luftgekühlten GSX am effizientesten durch die Auswertung der Öl-Wärme (Kühlwasser haben wir ja keines)
Nicht selten wird versucht, diese über solche Schätz-Eisen abzugreifen. Eingeschraubt in den Einfüllstutzen, lediglich von Schleuder-Öl zart bestäubt, kommen jedoch bestenfalls grobe Schätzungen der Lufttemperatur im Kupplungs-Gehäuse zu Stande. Den blanken angeleckten Daumen in den Fahrtwind halten oder den Flug der Rohrdrommler zu deuten liefert wesentlich präzisere Ergebnisse. Als verspielten Ersatz für einen verlorenen Einfüllstopfen o.k. – als ernsthaftes Mess-Werkzeug jedoch komplett unbrauchbar
Wir wollen es deutlich genauer haben – und dazu als auswertbares Signal, denn mit diesem können wir mittels unserer ECU einen Haufen feiner Sachen anstellen. Den Sensor bauen wir selber, sein Herzstück wird dieser ultrakleine hochpräzise NTC-Geselle
Ölwanne oder Steigleitung sind als thermische Abgriffe denkbar untauglich, weil an solchen Zuläufen das Öl aus dem kühlen Sumpf zu den heißen Stellen wie Zylinder und Kopf unterwegs ist und entsprechend nichts über deren Zustand sagen kann. Wesentlich erquicklichere Werte liefert das Öl auf seinem Rückweg von den Krisengebieten und die herrschenden Temperaturen verinnerlicht hat. Der wegtechnisch so ziemlich letzte und damit bestmögliche Abgreifpunkt befindet sich vorne seitlich am Zylinderkopf, kurz bevor das Öl wieder in den Sumpf zurück plätschert und abkühlt. Hier tritt es also das letzte Mal als fließender Strom auf und spiegelt den thermischen Zustand der relevanten Zone sehr gut wieder
Bestücken wir also „einfach“ den vorhandenen Verschluss-Stopfen mit unserem kleinen Fühler
Stahl ist ein eher schlechter Wärmeleiter. Messing ist dagegen unter den bezahlbaren und mechanisch nutzbaren Materialien ziemlicher Spitzenreiter, transportiert Wärme ganz grob etwa fünfmal flotter (kommt auf die jeweiligen Legierungen an) und nimmt sie noch rascher auf – genau das, was wir wollen
Wir haben den Stopfen durchbohrt, mit Innen-Gewinde versehen und den Messing-Stab passend dazu beschnitten
Das Messing-Ding schrauben wir, mit Lötpaste bestrichen, in den Stahlstopfen, wo wir die Teile mittels Hitze dauerhaft verbinden
Beide Teile sind jetzt fest verlötet. Kleben ginge grundsätzlich auch, aber Löten ist natürlich deutlich besser
Soweit so gut – aber der Sensor ist damit immer noch außen vor. Das ändern wir mit einem 6er Bohrer
Den Messingkern bohren wir von der Außenseite auf seine Gesamtlänge minus ca. zwei Millimeter an, also nicht ganz durch
Zwei O,1mm²-Kabel werden angelötet – keine Arbeit für Sonntags-Morgens während der Entzug-Phase
Mittels Schrumpfschlauch isolieren wir die stromführenden Abteilungen, der Fühler-Kopf muss natürlich frei bleiben
Wir haben immer drei Sachen im Kühlschrank: Bier, Griffkleber und 2K-Wärmeleitpaste. Ein Segen!
Mit letzterer, unter Zuhilfenahme des Erstgenannten setzen wir den Sensor nun in den vorbereiteten Stopfen ein. Die Hängeposition sorgt für mittigen Sitz und eine durchgehend gleich starke Ummantelung. Nach 20 Minuten ist das Zeugs hart
Das Paket kommt zurück an Ort und Stelle. Manko der Position: irgendwie muss das Kabel zur ECU (warum gibt`s keine WLAN-Fühler?). Nicht ganz einfach, angesichts des extrem heißen Milieus. Das Kabel zwischen die Kühlrippen klemmen würde nicht lange gut gehen
Nach einigen optisch wenig ansprechenden Ansätzen mit Schläuchen und Iso-Hüllen, haben wir uns für einen rustikalen Tunnel entschieden und diesen aus gebogenem Kupferroh mitsamt angelöteter Lasche als sichere Kabel-Passage angelegt
Das Ding ist so verlegt, dass es den Kerzensteckern nicht in die Quere kommt und man bei aufgelegtem Tank möglichst wenig davon sieht
Nach dem Anschluss an die ECU müssen wir eben dieser das Kennfeld des Sensors mitteilen. Da das Präzisionsteil eine Wertetabelle von -60 bis +150 Grad in feinster 1-Grad- Auflösung mitbringt, ist das Kasperle-Theater. Auf dem unteren Monitor ist die Werte-Tabelle des Herstellers geöffnet, auf dem oberen die ECU-Software. Die gesuchten Werte werden einfach aus der Tabelle abgetippt, dann speichern und fertig ist die Laube. Keine Raketen-Wissenschaft
Haut hin – die ECU meldet plausible Umgebungstemperatur für den kalten Motor, passt!
Werden wir nicht zwingend brauchen und vielleicht nicht einmal aktivieren, installieren wollen wir ihn aber dennoch: kombinierter Druck/Temperatur-Fühler für den Ansaugbereich
Ein mittiges Loch für den Abgriff und zwei eingelassene Einzieh-Muttern für die leichte Montage ohne lästiges Muttern-Gegenhalten
Mittig, weit oben auf der Rückseite der Airbox stört er am wenigsten, sitzt zentral und ist gut zugänglich
Bei montiertem Kasten ist er praktisch unsichtbar. Damit ist die Sensorik auch schon vollständig versammelt und ganz nebenbei auch die Basis-Map so gut wie fertig. Die besteht nämlich im Kern hauptsächlich aus den Sensor-Kennfeldern, der Rest sind weitestgehend Verhaltensvorgaben für die Signal-Verarbeitung. Nächster Halt: Endmontage Drosselklappen, Komplettierung des Förder-Systems – und erster Startversuch. Ich bin schon ganz feucht im Schlübber