Tankstelle


Eigentlich sollte das Sprit-Silo von allen Lackteilen am wenigsten Arbeit machen. Anschleifen, grundieren, frische Farbe drauf, fertig. So der hochgradig naive Plan.


Die Regeneration der Einheit fing noch recht harmlos an: Die integrierte Entlüftung des Tankdeckels ist nur noch zur Hälfte vorhanden und funktioniert nicht mehr richtig. Das Konstrukt als solches ist auch nicht sonderlich durchdacht. Das geht besser



Wir haben neckisches Deckelchen aus Alu gedreht, welches den nicht mehr vorhandenen Plastik-Pfropfen ersetzt



Auf der Innenseite wurde ein passendes Gegenstück implantiert. Der entstandene Freiraum ist mit ultrafeinem Edelstahl-Geflecht bestückt, darüber sitzt eine Lage lose Edelstahlwolle, an welcher die Dämpfe kondensieren. Luft kann zirkulieren, Oktan-Plörre nicht. Diese setzt sich ab und sickert dann zurück in den Tank. Zudem ist die Kapazität der Einrichtung deutlich größer als zuvor, was Unterdruckbildung verhindert. So weit, so gut



Und dann war er wieder da. Dieser unausweichliche Moment, in dem Wissen, Einsicht und Vernunft einem irrationalen und komplett bescheuerten Anflug kampflos das Feld überlassen müssen. Wir hatten nämlich die unfassbar benagelte Idee, den lackierfähigen Tank doch blank zu ziehen – obwohl wir dadurch nichts zu gewinnen hatten (denn Farbe kommt so oder so drauf). Die Sache konnte schlichtweg nur ins Auge gehen. Was sie natürlich auch tat, logisch



Hosen runter, Lackvergleich! Bevor wir den Zuber eingetütet haben, wurde er mit Beize eingestrichen. Das Habitat verstärkt die Wirkung der chemischen Attacke



So haben wir dann Schicht um Schicht abgetragen, nur um jedes Mal aufs Neue feststellen zu müssen, dass darunter weitere hausen. Wenn Du wissen willst wie alt ein Tank ist, säge ihn durch und zähle die Lackschichten. Der hier ist aus den mittleren Achtzigern. Weißt Bescheid?!



Irgendwann konnte die Beize nichts mehr ausrichten. Und das war der unerfreuliche Moment, in welchem wir feststellen mussten was wir eigentlich schon von Beginn an wussten: Nämlich, dass der gesamte Tank sehr grob sandgestrahlt und üppig gespachtelt ist. Und zwar ab Werk. So hat man seinerzeit produktionsbedingte Werkzeug-Marken, Wellen und Dellen kostengünstig kaschiert



Mit diversen Formier-Geräten, vielen Arbeits-Stunden und noch mehr alkoholischen Frustkompensatoren haben wir die Kniebereiche geglättet und soweit in Form gebracht, dass man sie der Netzhaut überantworten kann. Der Rest des Tanks wurde, inwiefern es möglich war, von den Spachtelmassen befreit



Im vorderen Bereich trug das Spritfass eine zweite Belüftung – kein Wunder, denn die des Tankdeckels war halt konstruktiver für`n Arsch. Die nun redundante Verschnorchelung brauchen wir dank des Upgrades nicht mehr, sie kann also weg



Wir verschließen das Loch mit einem passend angefertigten Gewinde-Bolzen



Dessen Überstand ist eine reine Montagehilfe und wird nach dem Aushärten der Schraubensicherung abgesägt und auf Höhe geschliffen



Mit etwas Spachtel ebnen wir die Sache ein und schleifen den Bereich anschließend plan



Kurze Zeit später können wir die Früchte der eklatanten Sanierung ernten. Der Kniebereich ist freigelegt und zeigt sich nackig in gebürsteter Optik – das bleibt auch so. Der Lackbereich ist neu aufgebaut und grundiert



Alle alten Lackschichten sind entfernt. Der Tank ist jetzt besser als neu. Auch wenn wir mit dem Resultat mehr als zufrieden sind, rechtfertigt das den Aufwand grundsätzlich nicht. Aber was willste machen, wenn Wissen, Vernunft und Einsicht einem übermächtigen Gegner gegenüber stehen und machtlos die weiße Fahne schwingen?!



Der rehabilitierte Tankdeckel im montierten Zustand. Den Ring haben wir ebenfalls gebürstet



Die Spritzufuhr unterbricht bei Bedarf fortan ein fliegender und extrem durchlassfreudiger Benzinhahn, der direkt vor dem Filter hockt. Zusammen mit der neuen Tankbelüftung sorgt das für ungehemmte Mengenzufuhr. Möge der Saft mit uns sein!