Wind säen, Sturm ernten
Beim Turbo ist die einzige Regel in Bezug auf die Luftzuführung: soviel wie nur irgendwie geht. Anders als beim Sauger, braucht es keine Resonanzen oder kompliziert ausgeformte Strömungs-Kanäle, sondern einfach nur einen ungehemmten und freizügigen Anschluss an die Atmosphäre. Klingt simpel, ist es aber nicht.
Turbos sitzen an Mopeds praktisch immer quer zur Fahrtrichtung, schon alleine aus Platzgründen. Meistens werden sie eingangsseitig einfach mit einem großen Luftfilter bestückt, der dann für die typische und vertraute Optik sorgt. Diese Konstellation birgt jedoch eine fiese Tücke: Wenn Gase (blaue Pfeile) mit hoher Geschwindigkeit (Fahrtwind) über eine Öffnung (Turboflansch) blasen, erzeugen sie dort Unterdruck (rote Pfeile), welcher der Zuführströmung (grüne Pfeile) entgegenwirkt und den Nuckel-Prozess sabotiert
Prominentes Beispiel des Prinzips: Vergaser-Venturis. Dort pfeift die Luft über den Düsenstock und entreißt diesem das begehrte Benzin. Was beim Vergaser gut und gewollt ist, schadet im Fall der Zwangsbeatmung jedoch, denn durch den Unterdruck und die Verwirbelungen wird die O²-Zufuhr stark behindert. Und blöderweise nimmt der Effekt mit zunehmender Geschwindigkeit auch noch immer weiter zu. Je mehr Luft benötigt wird, desto hemmender fällt das Debakel aus. Ganz doofe Sache
Lösen lässt sich das Dilemma auf unterschiedliche Art und Weisen: Man kann den Lader z.B. einfach um 90 Grad verdreht in den Fahrtwind stellen. Wie man sehen kann, resultieren daraus jedoch andere bauartliche Probleme, die abseits des Dragstrips wenig Freude und Sinn machen
Andere Möglichkeit: die Öffnung des Schnorchels in den Wind stellen, z.B. mit einem abgewinkelten Trichter. Das löst nicht nur das Problem, sondern wandelt die Fahrtwind-Nummer gar in einen Vorteil um, ähnlich wie bei einem Ram-Air. Allerdings musst Du so auch alle paar Kilometer Pudel, Volley-Bälle und kleine Kinder aus dem Trichter pulen
Das abgewinkelte Prinzip haben wir in abgewandelter Form lange Zeit an der Z benutzt. Allerdings entsteht so ein relativ langer Ansaug-Kanal und die Größe des Luftfilters ist auch eher klein, was beides dem „so viel wie möglich“ Prinzip im Wege steht. Zudem entfällt der Staudruck-Effekt wegen der notwendigen Frontplatte
Deshalb haben wir vor Kurzem auf die klassische Kombination umgerüstet: großer Filter, ganz kurz angebunden
Was aber wiederum eingangs beschriebene Probleme mit sich bringt: Der Fahrtwind bläst rechtwinklig über den Flansch. Hier schließt sich also der Teufelskreis und muss durchbrochen werden
Bei der dicken Kiste ist das nicht anders. Und mit der fangen wir jetzt an, dem Debakel auf den Grund zu gehen
Mit der Block-Platte des ausgebauten Pop-Offs steht uns eine stabile Montageplattform ganz in der Nähe des Krisen-Gebiets zu Verfügung
An dieser befestigen wir einen stabilen Ausleger…
… der wiederum mit einem gewölbtem Blech bestückt wird, welches die direkt im Wind stehende Fläche des Filters abschirmt und so das Überströmen des Flansches mit Fahrtwind unterbindet. Netter Nebeneffekt: Der Bereich hinter dem Schild wird durch die Blockplatte wunderbar angeblasen
Die Z haben wir nach demselben Schema behandelt. Bei ihr hängt das Schild an einem Ausleger und deckt ebenfalls den Filter von vorne komplett gegen Durch-Pfiff ab
Der Fahrtwind wird ab sofort also umgeleitet und peitscht nicht mehr auf geradem Weg durch den Filter. Das beruhigt die Ansaugluft, unterbindet Verwirbelungen und vereitelt den Unterdruck-Effekt am Flansch. Ganz nebenbei bleibt der Filter länger sauber und ist bei Regen besser behütet. Die außen sitzenden kleinen Zusatzfilter sind übrigens immun gegen den unerwünschten Effekt, da sie die Luft dank Bodenplatten mehrfach umleiten. Die Abdeckung darf natürlich nicht am Filter anliegen, sonst bekommt der in dem Bereich keine Luft mehr. Wir wollen ihn schützen, nicht erdrosseln
Hemmungsloses Einatmen ist nicht nur in Sachen Leistung wichtig. Wird der Lader Atem-technisch beschnitten, reduziert sich seine Umdrehungs-Geschwindigkeit. Genau die ist es, welche ihn öltechnisch abdichtet. Kann er keine Drehzahl mehr aufbauen, fängt die Sau an zu kleckern (was oft als Laderschaden fehlinterpretiert wird, tatsächlich jedoch asthmatisch bedingte Inkontinenz ist). Man darf an dieser Stelle also gerne exzessiv zu Werke gehen und um jedes einzelne Prozent Atmosphäre ringen